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„Religionsunterricht sollte Liebe, Freude und Spaß vermitteln.“
Interview mit Sylvie Hansbauer, Vorsitzende der Buddhistischen Gemeinde Österreich.
ÖBR: Liebe Sylvie, als frischgebackene Gemeindevorsitzende, wie bist du zur Lehre Buddhas gekommen?
Sylvie: Als ich so um die 40 Jahre alt war, habe ich mich für einen Qigong-Kurs im BodhidharmaZendo am Fleischmarkt angemeldet. Damals betrat ich zum ersten Mal diesen Raum, und er hat mich im wahrsten Sinne des Wortes ergriffen. Sofort war meine Neugierde auf den Raum fixiert und ich wollte alles darüber wissen. Der Qigong-Lehrer hat mir das Wichtigste erklärt, und ich meldete mich für den nächsten Einführungskurs im BodhidharmaZendo bei Genro Osho Koudela an.
Ich meditierte von da an regelmäßig und bekam auch eine schwarze Robe, die meine Achtsamkeit verstärkte. Nach einiger Zeit dachte ich mir, dass das Sitzen noch nicht alles gewesen sein kann und wollte mehr über die Lehre Buddhas erfahren. Darum ging ich in die Theravada-Schule und habe Bhante Seelawansa und Ursula Lyon getroffen. Ihre Darlegungen der Buddhalehre habe ich wie einen Schwamm aufgesogen.
Als es den Universitätslehrgang mit Bhante Seelawansa, Genro Osho Koudela, Tina Draszczyk gab, war ich sogleich eifrig dabei und habe auch alle Prüfungen abgelegt. Ich war so beseelt und befeuert, dass ich nicht mehr losgelassen habe. Einige Jahre später machte ich eine Mongolei-Reise mit Marina Myo Gong Jahn und ihrem Mann. Auf dieser Reise fragte mich Marina, ob ich buddhistische Religionslehrerin werden möchte. Und zwei Jahre später begann ich meinen Religionsunterricht in Wien. Dies machte ich 11 Jahre lang.
Dann kam es zu der Änderung, dass der Religionsunterricht in den Schulen abgehalten werden musste, und wir konnten nicht mehr in der tibetischen Gompa unterrichten. Für mich war der Frontalunterricht in der Klasse eine große Umstellung. In der Gompa konnten wir alle auf dem Boden auf Sitzkissen sitzen und es war ein Unterrichten in Augenhöhe. Es fühlte sich fast wie Urlaub an. Trotz aller Widrigkeiten war das Unterrichten immer eine große Leidenschaft von mir. Es ist mir jedenfalls gelungen, meine Schüler und Schülerinnen auch zu begeistern. Leider hat Religionsunterricht gesellschaftlich gesehen keinen sonderlich großen Wert. Wenn alle Schüler und Schülerinnen durch ganz Wien in eine Schule fahren müssen für den Religionsunterricht, so sollte dieser zusätzlich zur Lehre auch Liebe, Freude und Spaß vermitteln.
„Wenn du den buddhistischen Weg gehen willst, so heißt das,
du kannst es dir auch in der Hölle bequem machen.“
ÖBR: Wo hast du deine buddhistische Heimat gefunden?
Sylvie: Meine Heimat fand ich dann in der Theravada-Schule. Fasziniert hat mich der Unterricht über die Lehre Buddhas. So war ich auch immer in der Studiengruppe bei Bhante Seelawansa. Derzeit bin ich leider wegen Corona nicht dabei. Außerdem war ich gerne bei Ursula Lyon. Das war lebendig und ich brauche immer den sprechenden Menschen vor mir. Natürlich habe ich auch viele Bücher über Buddhismus gelesen, aber sitzen allein war mir zu wenig.
ÖBR: Welche Bedeutung hat aus deiner Sicht die Gemeinde der ÖBR?
Sylvie: Wir sind Anlaufstelle für alle Buddhisten und Buddhistinnen in Österreich. Dafür gibt es auch Repräsentanten in jedem Bundesland als Ansprechpersonen vor Ort. Darüber hinaus sind meine Aufgaben zum Beispiel die Organisation des Weihnachtsfestes für die Schüler und Schülerinnen des buddhistischen Religionsunterrichtes wie auch des Vesakh-Festes bei der Friedenspagode am Handelskai, zu dem sehr viele Menschen kommen. Und ich arbeite im Präsidium der ÖBR mit und versuche, die diversen Anfragen vom Sekretariat, sofern sie die Gemeinde betreffen, zu bündeln und zu beantworten.
ÖBR: Welche zukünftigen Aufgaben sollte die ÖBR noch übernehmen, oder anders gefragt, ist es schon genug?
Sylvie: Im sozial engagierten Buddhismus ist schon sehr viel abgedeckt und es kommen laufend neue Aufgaben dazu. Ich selbst bin seit 10 Jahren Gefängnisbegleiterin und habe die Koordination für Österreich übernommen. Wenn Gefängnisinsassen eine Begleiterin oder einen Begleiter suchen, so müssen sie sich an die ÖBR wenden und wir organisieren ausgebildete Gefangenenbegleiter und -begleiterinnen in ihrer Nähe.
Bei einem der Insassen habe ich die Erfahrung gemacht, dass er enorm vom Buddhismus profitiert hat. Er schrieb mir auch ein Dankesschreiben zu Weihnachten. Da ich im Dialog mit ihnen sehr ehrlich bin, waren diese Treffen anfangs schockierend, aber auf lange Sicht äußerst hilfreich. Wenn du den buddhistischen Weg gehen willst, so heißt das, du kannst es dir auch in der Hölle bequem machen. Für mich bedeutet das auch, dass die Dialoge sehr an der menschlichen Basis und ausgesprochen ehrlich und sinnerfüllt sind, sodass auch ich davon profitieren kann.
„Zurückziehen in die Stille …“
ÖBR: Wie gehst du in Zeiten von Corona mit deinen Kontakten um?
Sylvie: Ich persönlich brauche nicht viel Gesellschaft, ich war beim ersten Lockdown am Land und dorthin werde ich mich auch wieder zurückziehen – in die Stille.
ÖBR: Hast du einen Herzenswunsch, den du dir gerne erfüllen möchtest?
Sylvie: Ja, ich möchte gerne eine Pilgerreise zu den Geburts- und Sterbestätten Buddhas machen. Das fehlt mir noch. Am liebsten mit einer kleinen Reisegruppe. Darüber würde ich mich freuen, nach den Coronazeiten. Und wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte, so wäre das, dass es nach dem Ende unseres jetzigen Präsidiums wieder ein Präsidium geben sollte, das so aktiv ist wie das aktuelle. Und es möge zwischen den einzelnen Organen der ÖBR weiterhin eine so gute Zusammenarbeit bestehen wie bisher.
ÖBR: Danke für das Interview.
Interview: Hannes Kronika, Fotos: Ida Räther
Sylvie Hansbauer
1957 geboren und aufgewachsen in Vorarlberg, seit 1977 in Wien lebend. Entdeckung des Buddhismus Ende der 1990er Jahre. Beginn mit Zen, später Theravada. Buddhistische Religionslehrerin für die AHS Unterstufe von 2010 bis 2020. Gefangenenbegleiterin seit 2012. 2014 stellvertretende Vorsitzende der Buddhistischen Gemeinde Österreich, ab Herbst 2020 Vorsitzende der Buddhistischen Gemeinde Österreich.